"Zuerst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu." Dieser Ausspruch von Uwe Wegmann ist uns allen noch in guter Erinnerung und reiht sich nahtlos in die zahllosen philosophischen Ergüsse mit mehr als fragwürdigem Weisheitsgehalt ein, die Fußballexperten und solche die es gerne wären Woche für Woche zum Besten geben. Aber mit etwas wissenschaftlichen Ehrgeiz kann man sich wohl die Frage stellen: Wie viel Einfluss hat das Glück tatsächlich auf den Ausgang eines Fußballspieles oder gar einer ganzen Fußballsaison? Der Physiker John Wesson hat sich in seinem populärwissenschaftlichen Buch „Fußball – Wissenschaft mit Kick“ (siehe Buchtipp unten) die gleiche Frage gestellt und kam zu einer erstaunlichen Erkenntnis. Grund genug für SCB-Online dieser Frage auf den Grund zu gehen. Die Grundlage der Überlegung ist recht einfach: Was würde passieren würde man sich folgendes s zugegebenermaßen sehr familienfreundliches und in der harten Vorbereitungszeit sehr verlockendes Szenario vorstellen: Man spart sich einfach die 90 Minuten Fußball, das schweißtreibende Training, entscheidet die Partie einfach bei der Platzwahl des Schiedsrichter mit einem Münzwurf, geht dann duschen und ins Sportheim. Alle Mannschaften wären in diesem Modell exakt gleich stark, wie sieht also die Tabelle aus? Etwas naiv könnte man nun einwerfen, dass es dann ja eine völlig ausgeglichene Tabelle mit gleicher oder vergleichbarer Punktzahl für alle Mannschaften. Aber stimmt das wirklich?
Die erste Überlegung muss dahin gehen, die Modellierung dem Fußballsport ein wenig anzupassen: Ein sogenannter Laplacscher-Münzwurf ist zwar eine der fairsten Möglichkeiten um sich zwischen zwei Möglichkeiten zu entscheiden. Kopf und Zahl fallen jeweils mit einer Wahrscheinlichkeit von 50%. Nicht umsonst wurde bis zu Einführung des Elfmeterschießens eine Partie bei unentschiedenem Spielausgang auf diese Weise entschieden. Seinerzeit waren also die Chancen einer englischen Fußballnationalmannschaft noch geschätzte 50% höher sich nach 90 gespielten Minuten gegen eine deutsche Auswahl durchzusetzen. Allerdings trifft der besagte Münzwurf nicht ganz die Anforderungen um eine ganze Fußballsaison zu modellieren, gibt es doch neben Sieg und Niederlage das Remis als möglichen Spielausgang. Nun heißt es Statistiken wälzen: Wie oft siegt die Heimmannschaft, wie oft der Gast und wie oft endet die Partie mit einem Remis? Wesson stöberte dazu in zahllosen Archiven der englischen Premier League und kam zu dem Ergebnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von jeweils 3/8 eine der beiden Mannschaften gewinnt, mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/4 endet die Partie remis. Dies zu modellieren wäre ebenfalls mit dem Schiedsrichter und seinem Münzwurf möglich: Der Schiedsrichter müsste drei mal in Folge die Münze werfen: Fällt drei Mal Kopf oder drei Mal Zahl endet die Partie unentschieden, fällt zwei Mal Zahl endet die Partie mit einem Heimsieg, fällt zwei mal Kopf endet die Partie mit einem Gästesieg. Ein schönes Modell, allerdings nur für die Premier League, denn in der Kreisliga A verteilen sich Sieg, Niederlage und Remis auf andere Weise. Aber wie genau? Um das herauszufinden haben wir uns die gesammelten Kreisliga A Statistiken der letzten Jahre auf SCB-Online zu Gemüte geführt und kamen zu folgendem Ergebnis: Im Schnitt gewannen 45% der Partien die Heimmannschaft, 20% der Partien endeten remis und die restlichen 35% der Partien gewannen die Gäste. Wie kann man nun diese Modellierung realisieren? Um Handgelenke beim Würfeln und Münzenwerfen zu schonen und Zeit zu sparen bemühen wir uns um eine computerbasierte Lösung: Wir bauen eine Unterseite von SCB-Online so um, dass sie uns Zufallszahlen zwischen 1 und 100 erzeugt. Liegt die Zufallszahl im Intervall zwischen 1 und 45, dann siegt die Heimelf (1), zwischen 46 und 65 endet die Partie remis (0) und bei Zahlen die größer als 65 sind siegt die Gästeelf (2) [hier ausprobieren:
Das Simulationsskript zum Testen]. Um Zeit zu sparen lasen wir unseren SCB-Online-Server gleich einen ganzen Spieltag modellieren. Und shcon kann es losgehen: SCB-Online würfelt die Kreisliga A Bliestal und das Spieltag für Spieltag, Spiel für Spiel: Den ersten Spieltag modellierte unser Server wie folgt:
1. Spieltag Kreisliga A Bliestal 2008/2009:
SV Rohrbach II – TuS Ormesheim 2
FC Habkirchen – FC Erfweiler-Ehlingen 1
SV Altheim – SV Blickweiler 1
SG Medelsheim-Brenschelbach – TuS Ommersheim 2
SVG Bebelsheim-Wittersheim – SV Breitfurt 2
SF Reinheim – FC Bierbach 1
SV Blickweiler – SV Wolfersheim 2
SC Blieskastel-Lautzkirchen – SV Niedergailbach 1
Die Voraussetzungen sind also geschaffen und jetzt geht es ans Würfeln, Schreiben und Rechnen… Jeder Spieltag wird gewürfelt, die Punkte in Handarbeit addiert und am Ende eine Tabelle nach 30 gewürfelten Spieltagen erstellt. Nach einiger Kleinarbeit dann der erstaunte Blick auf die Abschlusstabelle und selten konnte man dies so schön einbauen wie an dieser Stelle "alea iacta est", die Würfel sind gefallen: Die Kreisliga A Bliestal hat einen Meister der Saison 2008/2009 und auch auf den anderen Plätzen ergab sich eine Tabelle, die kaum von den Abschlusstabellen der Vorjahre zu unterscheiden ist, lediglich die letzten drei kommen in der Simulation wohl besser weg und es ein nochmals betont: Die Tabelle hat sich so eingestellt obwohl in unserer Simulation alle Mannschaften exakt gleich stark waren und die Tendenzen die Spiele lediglich gewürfelt wurden!
Es ist also vollbracht: Die Tabelle ist erstellt und siehe da: Der FC Erfweiler-Ehlingen ist Meister und steigt zusammen mit dem SV Altheim, dem SV Breitfurt, dem SV Rohrbach II und dem TuS Ormesheim in die neue Bezirksliga auf. Und wo liegt der SCB? Auf dem undankbarsten aller Plätze: Blieskastel kommt auf Platz sechs und muss in die Relegation. Zum Glück nur eine Simulation, hoffen wir dass das Spielen besser klappt als das Würfeln. Zumindest unparteiisch war unser SCB-Online Server also! Aber trotzdem ist man erstaunt über das End-Resultat: Simples Würfeln erzeugt eine Tabelle, die von der Punkteverteilung durchaus nicht ganz so abwegig ist. Ist Fußball also nichts anderes als ein Glückspiel? Sicherlich ist auch diese Annahme etwas naive, denn würde man sich die Arbeit erneut machen und würfeln würde man zwar wieder eine ansehnliche Tabelle erhalten, allerdings wäre die Reihenfolge der Teams sicherlich eine andere. Man kann also Tabellen genauso gut durch würfeln erzeugen, das scheint verwunderlich genug.
Nicht spielen sondern Würfeln?
Können wir uns das Kicken sparen und den PC die Tabelle ausrechnen lassen? Sicherlich ist das Modell ein wenig naiv, sind doch in der Kreisliga A Bliestal offensichtlich nicht alle Mannschaften gleich stark bestückt, dennoch zeigt unser kleines Experiment, dass der Zufall beim Fußball eine nicht zu vernachlässigende Rolle inne hat.
"Zuerst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu." Ist also gar nicht mal so sinnfrei wie man vielleicht meinen mag. Was nehmen wir also mit aus diesem kleinen Exkurs in die Statistik: Man könnte genauso gut würfeln wie spielen, aber dem Schiri beim Münzwurf zuzusehen macht eben nur halb so viel Spaß wie dem Stürmer beim Tore schießen zu bejubeln, drum wird auch weiter der Ball rollen und das ist auch gut so…