In der Berichterstattung rund um den Amateurfußball soll sich einiges ändern. "Der Deutsche Fußball-Bund (DFB), die DFB GmbH, in der die wirtschaftlichen Aktivitäten des Verbandes zusammengefasst sind, und die sporttotal.tv GmbH, eine einhundertprozentige Tochter der wige MEDIA AG, haben eine langfristige Kooperation zur Steigerung der Sichtbarkeit und Präsentation des Amateurfußballs vereinbart", heißt es auf dem DFB-eigenen Portal fussball.de.
Aber was genau bedeutet dieser Deal? Im Wesentlichen geht es um TV-Übertragungen von Amateurspielen bis in die untersten Spielklassen: "Das gemeinsame Ziel ist es, Amateurvereine in Deutschland von der vierthöchsten Spielklasse abwärts mit einer speziellen Videotechnik auszustatten, die es erlaubt, Fußballspiele in hoher Qualität und vollautomatisch live auf dem Online-Portal sporttotal.tv zu übertragen. Der Zuschauer kann dabei selbst Regie führen, die Perspektive bestimmen und Szenen in den sozialen Medien teilen. Die Nutzung des Angebots ist kostenfrei, sporttotal.tv refinanziert sich über Werbung", heißt es im Artikel.
Beim DFB freut man sich auf das neue Portal, wie Dr. Rainer Koch, der 1. DFB-Vizepräsident Amateure, sagt: "Nach dem erfolgreichen Abschluss der Pilotphase wissen wir, dass dieses Kamerasystem und die Plattform eine neue Perspektive für den Amateurfußball bieten – ob im Livestream, als Video on Demand oder als Posting in den sozialen Netzwerken. Besonders die jungen Fußballerinnen und Fußballer kommunizieren über die sozialen Netzwerke. Sie posten und teilen Bewegtbild-Segmente von Spielen ihrer eigenen Mannschaft und ihres Heimatvereins. Die ausgezeichnete Resonanz und die hohen Zuschauerzahlen der bisher übertragenen Spiele zeigen, wie attraktiv Amateurfußball sein kann." Auch Peter Lauterbach der CEO der wige MEDIA AG blickt naturgemäß opimistisch auf das neue Projekt: "Die hervorragenden Erfahrungen aus der Pilotphase sowie das hohe Interesse an Werbepartnerschaften haben uns zu einer eindeutigen Entscheidung geführt: Wir werden sporttotal.tv deutschlandweit als die Bewegtbildplattform für den Amateurfußball etablieren."
Aber welche Folgen hat das für den Amateurfußball? Beim Verbandstag in Saarbrücken gab es negative Rückmeldung von den Vereinen für den geplanten Deal mit der sporttotal.tv GmbH. Die Vereine fürchten, die Live-Übertragung der Amateurspiele im Internet könne dafür sorgen, dass weniger Fußballfans den Weg auf die Fußballplätze finden. Und diese Befürchtung scheint berechtigt. Es ist jedenfalls zu bezweifeln, dass ebenso viele Fans bei Regen und 5°C im Herbst ein Spiel der Kreisliga A auf einem abgelegenen Hartplatz besuchen, wenn die Partie im warmen Wohnzimmer kostenlos gestreamt werden kann. Und gerade die Zuschauer sind die Essenz des Amateurfußballs und die Vereine sind auf die Einnahmen durch Eintrittsgelder und im Sportheim angewiesen. Es scheint also zumindest fragwürdig, ob eine solche Übertragungstechnologie dem Fußball an der Basis nutzt und ob der Amateurfußball davon profitieren wird. Und allem voran steht die Frage: Warum sollte ein kommerzieller Anbieter die Verwertungsrechte für den Amateurfußball erhalten?
Es scheint zudem, als sei auch die Bekanntmachung seitens des SFV bezüglich von Videoaufnahmen bei Amateurspielen, zumindest nicht zufällig in der vergangenen Woche an die Vereine gesendet worden: „Videoaufzeichnungen und Live-Streams von Fußballspielen nehmen auch im Amateurfußball im Saarland eine immer größere Bedeutung ein. Dabei sind wichtige Spielregeln zu beachten, die sicherlich noch nicht von allen Beteiligten verinnerlicht sind: 1. Die Rechte aller Amateurspiele der SFV-Spielklassen liegen beim SFV, 2. Eine Aufzeichnung kann daher nur mit Genehmigung durch den SFV erfolgen, 3. Zur Vermeidung juristischer Streitigkeiten muss der Anbieter vor der Aufnahme die Einwilligung aller Beteiligten einholen, 4. Aufnahmen von Jugendspielen sind im Gegensatz zu Spielen der Aktiven mit zusätzlichen besonderen Auflagen verbunden, 5. Wir werden hierfür neue Durchführungsbestimmungen erstellen und Mindeststandards entwickeln, die von allen Vereinen verbindlich einzuhalten sind“, heißt es dort.
Die Rechtsauffassung des SFV diesbezüglich ist allerdings äußerst umstritten: Am 28. Oktober 2010 erstritt die Internetplattform hartplatzhelden.de vor dem BGH einen Sieg gegen den Württembergischen Fußballverband e.V., der zuvor die Bereitstellung von Videomaterial von Amateurspielen untersagen wollte. "Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts können auch die auf dem Portal der Beklagten abrufbaren Filmaufzeichnungen Dritter von Teilen von Fußballspielen nicht als von den Beklagten zu verantwortende Nachahmungen von Leistungsergebnissen angesehen werden, die in der Veranstaltung dieser Fußballspiele selbst bestehen. Die Filmaufzeichnung eines (Teil eines) Fußballspiels ist keine Nachahmung einer in dem Fußballspiel selbst oder in dessen Veranstaltung und Durchführung bestehenden Leistung im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG; sie stellt vielmehr eine "lediglich daran anknüpfende eigenständige Leistung" dar (Ernst, jurisPR-WettbR 5/2009 Anm. 3; Feldmann/Höppner, K & R 2008, 421, 424; Hoeren/Schröder, MMR 2008, 553, 554; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rn. 9. 38; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rn. 9/45; ders., GRUR 2010, 487, 492)."
Man darf also gespannt sein, wie sich die Thematik entwickelt und ob DFB und SFV trotz der Rechtslage wirklich versuchen auf die Videorechte bei Amateurspielen zu bestehen. Würden SFV oder DFB wirklich einen Rechtsstreit mit einem Verein eingehen, wenn dieser Videos von seinen Spielen veröffentlicht? SCB-Online stellte jedenfalls eine Anfrage beim SFV, ob man eine Genehmigung für die Verbreitung von Videomaterial von Amateurspielen erhält, die bis dahin unbeantwortet blieb. Wir sind gespannt...