Die Investoren-Diskussion rund um die Deutsche Fußballliga (DFL) hielt Fans, Vereine und Funktionäre monatelang in Atem. Letztlich waren es Fan-Proteste, die ausschlaggebend dafür waren, dass die Investoren sich gegen ein Engagement entschieden haben. Nun gibt es eine spektakuläre Wendung: Einer der beiden Liga-Investoren-Kandidaten, der namentlich derzeit nicht genannt werden möchte, kündigte nun an, sich statt im Profi-Fußball im Amateurfußball mit Investitionen einen Namen machen zu wollen und so zahlreiche Fußballfans über die Vereine vor Ort zu erreichen und Renditen einzufahren. „Die "Amateur Football Investors Group" (AFIG) [an der Blackstone Hauptanteilseigner ist, d. Red.] hat beschlossen, ihr Geld nicht mehr nur in traditionelle Anlagebereiche zu stecken, sondern sich auf das aufregende und leidenschaftliche Terrain des Amateurfußballs zu begeben“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Die Investoren, die sonst in riesigen Finanzmärkten operieren, haben laut der Pressemitteilung „erkannt, dass der wahre Wert in der Basis des Sports liegt: den Amateurvereinen!“. Weiter heißt es: „Wir können es kaum glauben, aber es ist wahr! Die AFIG hat bereits mehrere Millionen in verschiedene Amateurvereine investiert, um Infrastruktur, Talententwicklung und sogar den Bau von hochmodernen Stadien zu unterstützen“, heißt es.
In einer Hochglanz-Borschüre, die SCB-Online als Scan vorliegt, bewirbt die Investoren-Gruppe die Vorteile der Investments für die Vereine wie folgt:
Das Investment hat weitreichende Folgen: Bald könnten wir also auf unseren örtlichen Plätzen im Bliestal VIP-Logen und Tribünen sehen. Auch die Kaderzusammenstellung der betroffenen Vereine wird sich zweifellos ändern. Investoren sind auf Investments und Rendite aus, was nur über sportliche Erfolge möglich sein wird. Die Reaktionen auf diese Ankündigung sind vielfältig. Während einige die finanziellen Möglichkeiten begrüßen, warnen andere vor den potenziellen Risiken einer Kommerzialisierung des Amateurfußballs. Dennoch ist eines unbestreitbar: Diese Entwicklung verspricht eine aufregende neue Ära für den Amateurfußball.
SCB-Online liegt bereits eine vorläufige Liste der Investments im Saarland vor, darunter befinden sich auch sieben Vereine aus dem Bliestal-Fußball von der Kreisliga A bis in die höheren Spielklassen in der Oberliga. SCB-Online hat alle betroffenen Vereine kontaktiert und bereits einige Rückmeldungen erhalten, wohingegen sich andere Vereinsverantwortliche bedeckt halten und keinen Kommentar abgeben wollen. Aufgrund der strengen Vertragsbedingungen ist es uns allerdings nicht gestattet, die Vereine namentlich zu nennen, die O-Töne dürfen wir aber zitieren: „Nun, ich muss sagen, dass ich persönlich sehr positiv gestimmt bin. Es ist eine aufregende Entwicklung für unseren Verein und den gesamten Amateurfußball. Die Unterstützung durch solch finanzstarke Partner kann uns dabei helfen, unsere Infrastruktur zu verbessern, die Jugendarbeit zu stärken und unseren Spielern bessere Möglichkeiten zu bieten“, heißt es von einem Verein aus dem Stadtgebiet Blieskastels in einer WhatsApp-Nachricht an SCB-Online.
„Natürlich gibt es immer Bedenken, wenn es um Veränderungen geht. Aber ich glaube fest daran, dass wir als Verein unsere Identität bewahren können, während wir gleichzeitig von den finanziellen Möglichkeiten profitieren. Wir werden weiterhin auf unsere Werte wie Fair Play und Gemeinschaftssinn setzen und sicherstellen, dass der Fußball im Mittelpunkt bleibt. Die Reaktionen sind bisher sehr positiv. Unsere Spieler sind begeistert von den neuen Möglichkeiten, die sich für sie ergeben könnten, und auch die Fans unterstützen uns voll und ganz. Natürlich gibt es auch kritische Stimmen, aber insgesamt überwiegt die Vorfreude auf das, was kommen wird“, heißt es von einem weiteren Verein aus der Gemeinde Gersheim telefonisch.
Gleichzeitig gibt es natürlich zahlreiche Vereine im Bliestal-Fußball, die nicht von Investoren profitieren werden. Diese sehen die Entwicklung eher kritisch: „Natürlich könnte Geld helfen, aber zu welchem Preis? Wenn wir unsere Seele und unsere Werte verkaufen müssen, um erfolgreich zu sein, dann ist der Preis einfach zu hoch. Ich glaube fest daran, dass die wahre Stärke eines Vereins in seiner Gemeinschaft und seinem Zusammenhalt liegt, nicht in den Bankkonten irgendwelcher Investoren“, erklärt der Vorsitzende eines Vereins aus dem Stadtgebiet Neunkirchen, dessen Verein nicht Teil des Investoren-Deals ist, telefonisch. „Viele teilen meine Ansichten, aber leider gibt es auch genug, die nur an den kurzfristigen Erfolg denken und bereit sind, alles andere dafür zu opfern. Es ist traurig zu sehen, wie der Fußball, den wir lieben, immer mehr zu einem Spielball der Finanzwelt wird.“
Aber wie wurden die Vereine überhaupt ausgewählt? Wie wurde entschieden, wer in den „Genuss“ der Investitionen kommt? SCB-Online hat diesbezüglich bei der AFIG nachgefragt, welche in einem Statement per E-Mail schriftlich antwortet:
Weiter heißt es „Letztendlich ist die Auswahl des richtigen Vereins für Investitionen eine komplexe Entscheidung, die eine gründliche Analyse und Abwägung verschiedener Faktoren erfordert. Wir freuen uns über tolle Partner im Saarland.“ Über die Rahmenbedingungen der Investitionen gab die AFIG auf Nachfrage von SCB-Online keine Auskunft. „Insgesamt bieten unsere Investitionen in kleine Fußballvereine die Möglichkeit, sowohl finanzielle als auch nicht-finanzielle Vorteile zu erzielen, während sie gleichzeitig einen positiven Beitrag zur Gemeinschaft leisten“, heißt es.
Man darf gespannt sein, wie sich die Situation entwickelt. Der Saarländische Fußballverband (SFV) erklärte, dass er keine Möglichkeit habe, diese Partnerschaften zu verhindern, sofern alle rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Auch ist spannend, wie die Mitgliederversammlungen der betroffenen Vereine auf die Ankündigungen reagieren.
Dennoch lauern zahlreiche Gefahren: Eine der Hauptgefahren besteht aus Sicht von SCB-Online darin, dass die traditionellen Werte und die Identität des Amateurfußballs durch Kommerzialisierung und Profitstreben gefährdet werden. Der Amateurfußball ist ein Ort, an dem die Gemeinschaft im Mittelpunkt stehen sollte, wo Spieler aus Leidenschaft spielen und Fans aus Liebe zum Sport unterstützen. Wenn Geld und Gewinnmaximierung die oberste Priorität werden, besteht die Gefahr, dass diese Werte verloren gehen. Ein weiteres Risiko liegt in der Abhängigkeit der Vereine von den Investoren. Während finanzielle Unterstützung kurzfristig helfen kann, Projekte umzusetzen und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, könnten Vereine langfristig in eine Position geraten, in der sie ihre Autonomie und ihre Entscheidungsfreiheit einbüßen. Investoren könnten Einfluss auf die sportlichen Entscheidungen, das Management und die strategische Ausrichtung des Vereins nehmen, was zu Konflikten und Spannungen innerhalb der Vereinsstrukturen führen könnte.
Letztendlich ist es an den Vereinen, den Investoren und den Fußballverbänden, sicherzustellen, dass die Einbindung von Investoren im Amateurfußball auf transparente, verantwortungsbewusste und nachhaltige Weise erfolgt, um die Integrität und die Zukunft des Sports zu schützen. Unterdessen kündigte Amazon an, seine Versandzentren, die das Saarland beliefern, mit zusätzliche Chargen an Tennisbällen auszurüsten. Schon am heutigen Ostermontag, den 1. April 2024 rollt der Ball im Bliestal-Fußball und die Fans dürfen sich auf spannende Spiele freuen, wobei sicherlich am Spielfeldrand auch über die neuen Investoren im Bliestal diskutiert wird.